Teil 2: Darum muss auch Interne Kommunikation integriert sein
Im Gespräch mit Stephan Schillerwein
Stephan: Damit kommen wir zu fundamentalen Themen wie dem Selbstverständnis der IK und zu den Zielen, die die IK leiten und steuern. Mal ganz schwarzweiss betrachtet: Hat ein solcher Ansatz in einem Unternehmen, in dem die IK einfach nur das Sprachrohr der Geschäftsleitung ist und nach Klicks (Anzahl Aufrufen von News) beurteilt wird, denn überhaupt eine realistische Chance?
Denise: Davon sind wir überzeugt. Wer den Zweck der IK erst verstanden hat, kommt um einen strategischen Ansatz nicht herum. Denn eine gute, durchdachte Kommunikationsstrategie hat durchaus Einfluss auf die Reichweite der Botschaften und somit auch auf die Klicks – und sollte daher auch im Sinn des Unternehmens und der Geschäftsleitung sein. Die Herausforderung für IK-Verantwortliche ist es, dies der Geschäftsleitung klarzumachen.
Stephan: Um noch kurz bei den Klicks zu bleiben: Sowohl meine eigenen Beobachtungen, also auch die bereits angesprochene Studie zeigen, dass es um Erfolgsmessung und -steuerung in den meisten Unternehmen nicht gut bestellt ist. In der SCM-Studie haben fast 40 Prozent der befragten Organisationen gar kein Tool zur Erfolgsmessung, rund ein Viertel misst nur quantitativ. Somit befinden sich also circa vier von zehn Unternehmen
im völligen Blindflug, circa zwei bis drei von zehn Unternehmen können nur eine Aussage zur Nutzung machen. Wahrnehmung, Wirkung und Nutzen der IK sind in höchstens drei von zehn Unternehmen wirklich bekannt.
Und das im Idealfall, wenn man voraussetzt, dass dort auch das Richtige gemessen wird und auf dieser Basis dann auch die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Das sind gerade aus der Sicht der digitalen Transformation erschreckende Zahlen. Fürchtet sich die IK hier vor Transparenz, weil sie sich insgeheim ihres Mehrwerts unsicher ist?
Daniela: Eine provokante, aber durchaus berechtigte Frage. Wir wissen selbst wie es ist, die Kommunikationsabteilung und deren Budget vor dem Management oder dem CEO/CFO zu rechtfertigen. Zeige einem Finanzausschuss in einem Grossunternehmen auf, was der ROI eines neuen Intranets ist – das ist nicht einfach. Für viele andere Unternehmensbereiche, gerade den Verkauf oder Customer Care ist der Zweck der Kommunikationsabteilung nicht klar ersichtlich. Für sie sind wir Kostenträger, die keine (offensichtlichen) Einnahmen generieren. Deshalb ist wahrscheinlich das Thema Kennzahlen in der (Internen) Kommunikation oftmals ein rotes Tuch. Aus unserer Sicht ist es aber genau deswegen umso wichtiger, als Unternehmenskommunikation für sich relevante Kennzahlen zu definieren – und da wären wir übrigens wieder bei der IK-Strategie – und diese regelmässig zu messen und auch im Unternehmen zu verbreiten und offenzulegen.
Nur so schaffen wir Akzeptanz und Aufmerksamkeit, gar die Daseinsberechtigung der IK. Dass das viele Organisationen heute (noch) nicht machen, liegt wahrscheinlich daran, dass die Messung eben nicht ganz einfach ist. Wir haben keine Anzahl Anrufe, die wir mit der Anzahl verkaufter Produkte ins Verhältnis setzen können.
Enabler der Unternehmenskultur
Stephan: Kommen wir nochmal zu unserem Hauptthema zurück, dem Graben zwischen analoger und digitaler IK. Für mich fängt das Problem nämlich genau hier schon an: Solange überhaupt von klassischer und digitaler IK gesprochen wird, ist man noch weit vom Ziel entfernt.
Denn der Ausdruck «digitale IK» reduziert die gesamte IK auf digitale Kanäle, Systeme und Instrumente. Und es geht ja vielmehr um Ausrichtung, Einstellungen und Vorgehensweisen. Diese beschränken sich nicht auf das Thema «digital», sondern umfassen einen ganzen Blumenstrauss von Ansätzen, die alle Teil der neuen, integrierten IK sein sollten. Ich denke da an Ansätze wie agile Methoden, Design Thinking, partizipative Führung, Lean, New Work, Customer Journey und so weiter. All das gehört genauso in den für die Zukunftsgestaltung benötigten Werkzeugkasten der IK wie die Digitalisierung.
Denise: Wir sehen das wie du. Es geht nicht um digital oder analog, sondern darum, eine bestmögliche, strategische IK mit möglichst guter Reichweite und einem gewünschten Effekt zu garantieren. Unternehmen sollten sich daher auf die Stories und Botschaften fokussieren und priorisieren. Und zum Verbreiten sollte der von dir erwähnte Blumenstrauss dienen.
Daniela: Eine Variation an Methoden wird auch immer wichtiger, denn die Zeiten, in denen sich die IK auf das Kommunizieren von Unternehmensnews und Produktinformationen beschränkt, sind vorbei. Eine der wichtigsten Aufgabe für uns Kommunikatoren ist es, die Mitarbeitenden auf neuen Pfaden zu begleiten und sie zu befähigen, neue Wege zu gehen. Dazu gehören unter anderem die Aufklärung zu Themen wie New Work mit neuen Arbeitsweisen oder neuen Führungsmethoden. Dabei ist essenziell, dass die IK eine Vorreiterrolle einnimmt. Denn wer nur über Trends oder neue Methoden berichtet und sie selbst nicht ausprobiert und am eigenen Leib erfahren hat, wirkt auch in der Kommunikation nicht authentisch. Wer also die IK als integrierten Ansatz betrachtet, gibt nicht einfach Unternehmensinformationen topdown weiter, sondern versteht sich vielmehr als Enabler und Präger der Unternehmenskultur.
IK und der Digital Workplace
Stephan: Diese Sichtweise scheint mir fundamental wichtig zu sein. Um vielleicht trotzdem nochmal kurz auf die Instrumente zurückzukommen – ich weiss, dass das viele Leute interessiert, aber gleichzeitig noch grosse Verwirrung herrscht, häufig allein schon was die ganzen Begriffe anbelangt. Wenn ein Unternehmen ein veraltetes Intranet hat und sich nun überlegt, das zu einem Social Intranet zu modernisieren – wo stehen wir dann vor dem Hintergrund der bisherigen Diskussion? Ich bin der Meinung, dann hängen wir noch bei der Absenderorientierung und haben uns noch keine Gedanken darüber gemacht, was die Mitarbeitenden in unserem Unternehmen eigentlich brauchen. Denn diese Bedarfe sind stets viel breiter und weitreichender als es ein Social Intranet je sein könnte. Was ich ansprechen möchte, ist der Digital Workplace, der digitale Arbeitsplatz. Mit dem Digital Workplace tun sich viele Kommunikationsabteilungen jedoch schwer, weil der Fokus eines digitalen Arbeitsplatzes ja grösstenteils nicht mehr auf der Kommunikation, sondern auf Themen wie Zusammenarbeit, Wissensmanagement, Prozessoptimierung, Arbeitsorganisation und so weiter liegt (Schaubild Digital Workplace, Quelle: Stephan Schillerwein 2021). Warum sollte sich die IK trotzdem damit befassen und welcher Nutzen schaut für sie dabei heraus?
Denise: Diese Diskussion kennen wir sehr gut aus eigener Erfahrung. Als Kommunikationsverantwortliche stehen bei der Einführung eines Tools oftmals die Breite an neuen Funktionalitäten im Vordergrund. Wir wollen den Austausch mit unseren Mitarbeitenden fördern und brauchen einen dialogorientierten Kanal dafür. Wie aber bereits vorher erwähnt, sollte es genau darum nicht gehen. Wir sollten den Blick weiter öffnen und die Kommunikation in einem grösseren Rahmen betrachten.
Ein Beispiel: Wenn wir ein neues Tool zur digitalen Kollaboration einführen – wie beispielsweise MS Teams – ist dies zwar in erster Linie kein klassischer Kommunikationskanal, aber mit der Einführung fördern wir den «Digital Mindset» der Mitarbeitenden und erreichen noch mehr Mitarbeitende als wir dies vielleicht mit unseren reinen Kommunikationstools tun. Denn der Digital Workplace wird zur täglichen Arbeit genutzt, sei es für das gemeinsame Arbeiten an einem Dokument, das Informieren über Produktnews oder das Versenden von Kurznachrichten. Warum sollte die IK also nicht auch dort kommunizieren, wo die Mitarbeitenden sind? Das ist einerseits praktischer für sie und hat natürlich auch positiven Einfluss auf die Reichweite der Kommunikationsmassnahmen. Eine Win-win-Situation.