Teil 1: Darum muss auch Interne Kommunikation integriert sein
Im Gespräch mit Stephan Schillerwein
Vielerorts ist er noch zu spüren, der grosse Graben zwischen klassischer – also analoger – und digitaler Interner Kommunikation (IK). Über zwei Jahrzehnte sind es bereits her, seit digitale Kommunikationskanäle Einzug in die Unternehmenskommunikation hielten (wenn wir vom Aufkommen des Intranets ausgehen). Umso erstaunlicher ist es, dass in vielen Unternehmen immer noch eine strikte Trennung zwischen klassischer und digitaler IK vorherrscht, sowohl personell als auch funktionell. Und von den komplett verschiedenen Mindsets ganz zu Schweigen.
Stephan: Ich beschäftige mich schon so lange mit digitaler Kommunikation, dass ich es kaum glauben kann, dass man auch im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts noch auf Unternehmen trifft, in denen klassische und digitale Kommunikation als zwar irgendwie verbundene, letztlich aber doch getrennte Bereiche behandelt werden. Auch ihr seid Profis im Bereich der digitalen Kommunikation, bringt aber einen ganz anderen Hintergrund mit als ich. Wie sieht dieser aus und wie erlebt ihr die Situation in der IK?
Daniela: Wir haben beide über zehn Jahre Berufserfahrung in der Unternehmenskommunikation und durften in dieser Zeit verschiedene Kommunikationsprojekte in den unterschiedlichsten Branchen und Unternehmen begleiten und umsetzen. Wir haben dabei auch die Digitalisierung in der IK miterlebt und mitgeprägt – und erlebten das sehr ähnlich wie du: Oftmals gibt es einen grossen Bruch zwischen der analogen und der digitalen Kommunikation.
Im Zentrum steht die Story
Stephan: Wenn man überlegt, wie dieser Graben zustande gekommen sein könnte, dann gibt es natürlich unzählige Gründe und Ursachen. Die spannendere Frage scheint mir aber, warum sich diese Gräben vielerorts bis zum heutigen Tag gehalten haben. Ich erlebe oft eine starke Fixierung auf Kanäle und eine starke Absenderorientierung. Also, anstatt die Kommunikation an den Empfängern auszurichten, konzentriert man sich auf Kanäle und Instrumente, die zur Verfügung stehen. Natürlich braucht es Kanäle – die Frage ist aber, welche Rolle diese einnehmen sollten. Und was sollte im Mittelpunkt stehen, wenn es nicht die Kanäle sind?
Denise: Das ist eine spannende Frage und absolut entscheidend, wenn es um die Ausrichtung der IK geht. Kommunikation sollte immer Storytelling sein. Personen, die sich in einem Unternehmen um die IK kümmern, müssen sich als Geschichtenerzähler verstehen. Sie veröffentlichen Inhalte wie beispielsweise Informationen zum Unternehmen, einen spannenden Hintergrundartikel zu einem Produkt oder ein Interview mit einem Mitarbeitenden. Und genau diese Inhalte müssen sie in eine Geschichte verpacken – und auf den Kanälen, die ihnen zur Verfügung stehen, veröffentlichen. Egal ob es analoge oder digitale sind.
Daniela: Das Stichwort ist hier integrierte (Interne) Kommunikation.
Stephan: Das ist ein ganz zentraler Punkt. Die Story ist der Zweck und die Kanäle sind lediglich das Mittel zum Zweck. Das ist eine weitreichende, aber eigentlich auch recht simple Erkenntnis. Wenn ich mir jedoch beispielweise die Ergebnisse des SCM Trendmonitor «Digitale IK 2021» anschaue und sehe, dass nur knapp 9 Prozent aller Unternehmen auf multimediale Stories setzen, dann scheint das in der Praxis noch nicht wirklich angekommen zu sein. Wieso tun sich Kommunikationsabteilungen so schwer damit? Und habt ihr vielleicht ein Beispiel, wie das Spielen einer multimedialen und cross-channelgestalteten Story konkret aussehen könnte?
Quelle und Urheberrecht: SCM – School for Communication and Management und MPM Corporate Communication Solutions, “Trendmonitor digitale IK 2021: Content, Performance und Kanäle”, 01-2021, S. 21, Abb. 18
Daniela: Das resultiert möglicherweise aus der rasanten technischen Entwicklung in den vergangenen Jahren. Hiervon konnten die Kommunikationsabteilungen sicherlich profitieren, vielleicht waren sie aber teilweise auch etwas überfahren, gar überfordert. Die ständig wachsende Auswahl an Möglichkeiten – an neuen, noch schnelleren, noch kreativeren, noch interaktiveren Kommunikationskanälen – ist enorm. Aber worauf setzt man? Eine neue Mitarbeiter-App, einen unternehmensinternen Podcast oder doch ein Social Intranet, das auch zur Zusammenarbeit genutzt werden kann? Im Fokus stehen hier stets die Kanäle. Man diskutiert über Kanäle, führt schliesslich einen neuen Kanal ein und kümmert sich dann um dessen Implementierung, um Akzeptanz unter den Mitarbeitenden und Führungskräften, um die Etablierung und so weiter. Das Kommunikationsmittel steht im Vordergrund – und nicht die Stories, die man eigentlich teilen möchte.
Denise: Das ist wahrscheinlich der springende Punkt. Und aus meiner Erfahrung verpassen Unternehmen auch ab und zu den Moment, die eigene IK-Toollandschaft einmal zu analysieren. Was brauchen wir? Was sind die Vor- und Nachteile oder der Zweck der einzelnen Kanäle? Die Erkenntnisse sollten dann unbedingt in eine IK-Strategie einfliessen. Und diese Strategie sollte primär Inhalte – und eben nicht Kanäle – fokussieren. Es geht darum zu entscheiden, worüber man sprechen möchte. Und über den Einsatz der Kanäle sollte erst im zweiten Schritt diskutiert werden.